Zeitzeugen an der FvSS

Zeitzeugen an der FvSS

Zielgruppe: SuS der H9 und G+R10

Verantwortliche/ Ansprechpartner: Frau Alwan/ die Geschichtsfachschaft

Die Erinnerungen liegen lange zurück. Mehr als 70 Jahre ist das Ende des 2. Weltkrieges nun her. Umso wichtiger sind uns regelmäßige Gespräche mit den persönlichen Zeitzeugen aus der Region, denn es wird sehr bald der Tag kommen, an dem es keine Überlebenden von dieser Zeit mehr gibt. Es wird kein persönliches Gedächtnis mehr sprechen, unsere Fragen beantworten und Dinge klarstellen. Wir wissen eben nicht mehr, was es heißt im Kriegszeitalter aufzuwachsen, die Meinung nicht frei heraus sagen zu können oder schlicht weg wirklich hungrig zu sein. Das ist die Gefahr der kommenden Zeit, der kommenden Generation. Wie wollen und wie werden wir uns erinnern? Wie können wir verhindern die Vergangenheit und vor allem die NS-Vergangenheit zu verklären, zu beschönigen, zu vereinfachen oder sogar zu verändern?

Es geht also darum die Erinnerung an das was war, und das, was wieder sein könnte, wachzurufen und wachzuhalten. Denn nur wenn man aus der Geschichte lernt, kann man verhindern, dass sie sich wiederholt.

Vor diesem Hintergrund laden wir jährlich Zeitzeugen an unsere Schule und lassen diese ihre Erinnerungen schildern. Für unsere Neunt- und Zehntklässler sind des jedes Mal wertvolle Erfahrungen, die sie für ihr Denken und ihr Leben mitnehmen.

Sollten Sie auch Zeitzeuge sein oder einen kennen, dann melden Sie sich bitte unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Bericht vom Zeitzeugengespräch im Mai 2017

Zwischen 1930 und 1940 geboren und an unterschiedlichen Orten Deutschlands aufgewachsen, stellten sich die vier Zeitzeugen der großen Runde vor, bevor es anschließend zu weiteren Gesprächen in Kleingruppen ging. Die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen sowie die G9er haben ihre Chance wahrgenommen und in Kleingruppen interessiert Fragen an die Zeitzeugen gestellt. Getrud Löns berichtet, dass „ihr Haus immer voll war.“ Einerseits flohen Menschen aus den ausgebombten Städten nach Eppstein und später wohnten viele Amerikaner in ihrem Haus. Diese sendeten ihr schließlich Bilder aus dieser Zeit zu, die sie den Jugendlichen stolz präsentiert. Aus den großen Jugendträumen machten Waltram Ebmeyer und Walter Schneider kein Geheimnis. Beide wollten eine Fliegerausbildung für das NS-Regime beginnen und waren begeisterte Mitglieder in der Hitlerjugend. Die Judenverfolgung haben beide nur am Rande mitbekommen. Die Juden waren irgendwann einfach weg. Keiner wusste wohin. Auch mit Redewendungen, wie „Sei ruhig, sonst kommst du nach Dachau!“, konnte man als Jugendlicher damals nur sehr wenig anfangen.

Ursula Vertesy eröffnete ihre Einzelgespräche mit einem Video, sodass die Schülerinnen und Schüler den Bombenalarm hören konnten, denn dieser prägte ihre Kindheit wie nichts anderes. Sie selbst wurde zum Glück nicht ausgebombt, allerdings ihre Großeltern. Außerdem brachte sie ein altes, schmutziges, zerrissenes Buch mit, eine Ausgabe von Goethes Werken. Anschaulich erklärt sie den Jugendlichen, dass im Krieg alles wertvoll war und umfunktioniert wurde, so auch dieses Buch. Man riss Seiten heraus, um z.B. die Kohle anzuzünden. Außerdem erklärte sie die Handhabung mit Lebensmittelkarten zu Kriegszeiten. So war sie eines Tages außer sich vor Freude, als man endlich ohne Rationierungskarten kaufen konnte was man wollte. Unvorstellbar im Jahr 2017. Des Weiteren appelliert sie an die Heranwachsenden sich mit der Politik und der Zukunft ihres Landes auseinanderzusetzen, „damit so etwas wie Hitler nie wieder passiert!“ Nach dem Krieg machte ihre Mutter sogenannte „Hamsterfahrten“ ins Münsterland. Dort tauschte sie Tischdecken, Tafelsilber und Schmuck gegen Lebensmittel vom Bauern ein. An die Care-Pakete der Amerikaner konnte sie sich noch gut erinnern, vor allem an die leckere Schokolade. Zufrieden resümiert sie, dass ihre Kindheit hart war, aber sie heute nicht negativ dadurch geprägt sei.

Die Schülerinnen und Schüler sind so fasziniert von den Einzelschicksalen, dass Einzelne sogar noch extra Treffen vereinbaren, um mehr über die individuelle Vergangenheit der Zeitzeugen zu erfahren.

Bei Kaffee und Kuchen tauschten sich die vier Zeitzeugen noch weiter aus und ließen den Vormittag ausklingen. Bemerkenswert ist, dass alle Überlebende sich politisch tatkräftig engagierten und auch karitativ tätig waren bzw. sind. Wir freuen uns, wenn wir alle vier Zeitzeugen nächstes Jahr wieder in der Schule begrüßen dürfen.

[Anja Alwan, Leiterin der Geschichtsfachschaft]

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